In diesem Kapitel werden die im Gesundheitswesen vorkommenden Daten, Schnittstellen und Applikationen beschrieben, um auf dieser Grundlage in den nachfolgenden Kapiteln Standards und Potentiale zu diskutieren. Durch eine solche Zielsetzung ergibt sich ein sehr umfangreiches und komplexes Untersuchungsobjekt. Leider räumen entsprechende Beiträge aus der vorhandenen Literatur einzelnen Teilbereichen oft ein viel zu hohes Gewicht ein (® medizinische Fachliteratur), als es für die hier vorliegende Untersuchung bedarf, oder das Gesundheitswesen wird nur sehr knapp und allgemein beschrieben. Aus diesen Gründen wurden bei der Untersuchung Einschränkungen getroffen und die Daten aufgrund von Interviews in verschiedenen Institutionen erhoben.
Das Untersuchungsobjekt ist das Schweizerische Gesundheitswesen mit den vorkommenden Daten, Schnittstellen und Applikationen. Schwerpunkt bildet dabei das Krankenhaus.
Ausserhalb des Krankenhauses wurden vor allem die drei Bereiche "Apotheke", "Krankenkasse" und "Arztpraxen" ausführlich analysiert; Geschäftsprozesse, Möglichkeiten des elektronischen Datenaustauschs, Applikationen und Schnittstellen wurden untersucht. Obwohl für diese Arbeit primär nur die Austauschbeziehungen zu den Krankenhäusern interessieren, wurden die Analysen und Beschreibungen dieser Institutionen relativ ausführlich gemacht. Dies aus folgenden Gründen:
Die Möglichkeiten des elektronischen Datenaustauschs innerhalb eines Krankenhauses, die vorkommenden Systeme und Applikationen sowie die internen und externen Schnittstellen waren wichtige Bestandteile der Untersuchung.
Als Untersuchungsmethode wurde mehrheitlich ein strukturiertes Interview gewählt (vgl. nachfolgende Tabelle für genaue Zuordnung). Dabei wurde auf die Ist-Situation, zukünftige Möglichkeiten, Beurteilung von Vorschlägen, Problemfelder und bisherige Erfahrungen eingegangen. Vereinzelt wurden die Ergebnisse durch Literaturbeiträge ergänzt (siehe entsprechende Literaturangaben).
Um schrittweise Einblick in die komplexe Materie zu gewinnen sowie die erarbeiteten Ergebnisse in anstehenden Untersuchungen und Interviews zu verwenden, wurden zuerst Institutionen ausserhalb des Gesundheitswesens untersucht, wobei ein Schwergewicht auf die Geschäftsprozesse gelegt wurde (® Gesamtheitliches Verständnis der Austauschbeziehungen zwischen den Institutionen). Erarbeitete Ergebnisse wurden als Basis für weitere Interviews verwendet, und gegebenenfalls wurde Bezug darauf genommen.
Durch die beschränkte Zahl an durchgeführten Interviews ist die Gefahr verbunden, dass einzelne Fallbeispiele zu stark gewichtet werden und sich mit dieser Methode nur bedingt allgemeingültige Aussagen ableiten lassen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, wurde bei der Auswahl der Interviewpartner auf unterschiedliche Funktionen (Bsp. Arzt und med. Praxisassistentin) und Grösse der Unternehmung (Mindestgrösse, unterschiedliche Grösse) geachtet. Bei den Interviews wurde jeweils bezug auf die Allgemeinheit genommen.
Untersuchungsobjekt
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Inhalt |
Methode |
Bemerkungen |
Krankenkasse (Hauptsitz Wincare, Winterthur, Informatikmitarbeiterin) |
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Krankenkasse (Geschäftsstelle Konkordia, Ramsen, (Fach-) Mitarbeiterin) |
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Apotheke (Stein am Rhein, Apothekerhelferin) |
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Geschäftsprozesse der Apotheke waren grösstenteils durch Interview bei Krankenkassen bereits bekannt |
Apotheke (Diessenhofen, Apotheker) |
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Apotheke / Krankenkasse (ofac) |
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Primärer Zweck: Funktion und Bedeutung von ofac im CH-Gesundheitswesen |
Apotheke / Hersteller / Händler (Galenica, Informatikleiter) |
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Primärer Zweck: Funktion und Bedeutung von Galenica im CH-Gesundheitswesen |
Arzt-Praxis (med. Praxisassistentin) |
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Arzt-Praxis (Ramsen, Dr. med. Schneider) |
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Dr. Schneider bezeichnet sich bezüglich EDV als konservativ; Empfehlung von ihm: Interview mit Dr. Böhni |
Arzt-Praxis (Stein am Rhein, Dr. med. Böhni) |
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Weitere Institutionen ausserhalb des Krankenhauses (Labor, SUVA, ...) |
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sehr allgemein |
Krankenhaus (Kantonsspital Schaffhausen, Informatikleiter) |
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Krankenhaus (Kantonsspital Frauenfeld, Informatikmitarbeiterin) |
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Es gibt verschiedene Institutionen im Gesundheitswesen, welche mit Krankenhäusern in direktem Kontakt stehen. Wichtige Institutionen werden im Folgenden genauer beschrieben und die Beziehungen untereinander und zu den Spitälern (Daten- und Materialflüsse, ® Schnittstellen) analysiert. Geschäftsprozesse und vorkommende Daten werden in ausgewählten Bereichen ebenfalls genannt und Möglichkeiten für den elektronischen Datenaustausch diskutiert.
Fakturen von Ärzten, Spitälern, Apotheken, Labors und anderen Institutionen können entweder via Patient ("Tiers Garant") oder direkt an den Krankenversicherer ("Tiers Payant") geschickt werden. Wenn die Fakturen direkt an den Versicherer geschickt werden, sind die Möglichkeiten für den elektronischen Datenaustausch und erhebliche Potentiale vorhanden (vgl. Kapitel "Potentiale"). Beachtet werden muss jedoch in diesem Fall, dass die wichtigste Kontrollstelle - der Patient selbst - die entsprechenden Rechnungen nicht mehr überprüfen kann.
Die Apotheke dient dem Bezug von Arzneimittel durch den Patienten. Es werden primär Produkte verkauft, welche von einem Arzt durch ein Rezept verschrieben wurden. Daneben steht es dem Apotheker jedoch frei, noch weitere Produkte anzubieten.
Die zum Verkauf angebotenen Produkte können aufgrund von Listen unterteilt werden in
(vgl. [Bund91])
Kassenpflichtige Produkte müssen von den Krankenkassen übernommen werden, während "Nicht-Kassenpflichtige" Produkte nur im Falle einer Zusatzversicherung des Patienten bei seiner Krankenkasse durch den Versicherer anteilsweise bezahlt werden. Produkte, welche sich auf der Negativ-Liste befinden, dürfen von den Kassen nicht übernommen werden.
Beim Bezug von Arzneimitteln gibt der Patient den Namen des Versicherers und die Art der Versicherung an. Meistens werden diese Angaben durch Vorweisen eines nicht-standardisierten Versicherten-Ausweises gemacht. Der Ausweis enthält in der Regel den Namen des Versicherten, eine eindeutige Mitgliedernummer und die Angabe, ob Nicht-Kassenpflichtige Arzneimittel mitversichert sind.
Eine andere Variante besteht im Bezug von Arzneimitteln mittels Apothekerschein. Bei dieser (älteren) Variante bestätigt die Krankenkasse mittels Apothekerschein, welche Produkte von der Kasse übernommen werden und welche Produkte der Patient selbst zu bezahlen hat. Es wird jedoch nur noch in Ausnahmefällen mit Apothekerschein bezogen, beispielsweise bei Verlust des Ausweises.
Der Prozess zur Herstellung von Arzneimitteln innerhalb der Apotheke wurde nicht untersucht, weil in diesem Ablauf nur beschränkt mit anderen Institutionen Daten ausgetauscht werden.
In Abbildung 1 sind die Beziehungen zu anderen Institutionen, die wichtigsten Daten- und Materialflüsse sowie die anfallenden Daten dargestellt:
Manche Ärzte bestellen ihren Arzneimittelbestand direkt bei Apotheken.
Zur Entlastung von administrativen Tätigkeiten können Apotheken den Zahlungsverkehr mit den Krankenkassen über Abrechnungsstellen erledigen. Die Firma "ofac" ist in diesem Zusammenhang der wichtigste Vertreter in der Schweiz.
Der Schweizerische Apothekerverein ist für Aufgaben wie Koordination, Repräsentation und Verhandlungen zuständig und hat wenig Einfluss auf die täglich anfallenden Geschäftsprozesse innerhalb der Apotheken.
Die Liste zur Unterscheidung, ob ein Arzneimittel in die Kategorie ALT, SL, HL, oder NL gehört, wird durch das Bundesamt für Sozialversicherungen, das Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen und den Schweizerischen Apothekerverein herausgegeben.
siehe Anhang ("Ausgewählte Geschäftsprozesse")
Bereich
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Kommentar |
Faktura von Apotheke zur Krankenkasse |
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Faktura von Apotheke zur Abrechnungsstelle |
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(Faktura von Abrechnungsstelle zur Krankenkasse) |
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Bestellungen der Apotheken bei Händlern, Herstellern und Grossisten |
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Patientendaten vom Patienten zur Apotheke |
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Rezept vom Arzt zur Apotheke |
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Rezept vom Patienten zur Apotheke |
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Nachschlagewerke von diversen Anbietern zur Apotheke |
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Liste zur Unterscheidung von Medikamenten vom Bund / Anbieter zur Apotheke |
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Heute ist in den meisten Apotheken realisiert:
Unterschiedlich ist der Stand bezüglich elektronischem Datenaustausch von Rechnungen an die Krankenkasse/Abrechnungsstelle; Während wenige Apotheken die Rechnungen elektronisch an die Krankenkassen übermitteln, schickt die Mehrheit Rechnungen auf dem traditionellen Wege an ihren Bestimmungsort. (Zusätzlicher Grund: Nicht alle Krankenkassen nehmen Rechnungen elektronisch entgegen). In diesem Bereich dürfte sich in naher Zukunft einiges ändern (siehe Kapitel "Standards", "MediData AG"). Die nötige Infrastruktur und die entsprechenden Standards sind an vielen Orten vorhanden. Zudem dürfte der Nutzen in diesem Bereich sowie bei der "elektronischen Bestellung" aufgrund der enormen Menge am Grössten sein. Die "elektronische" Erschliessung in diesen Bereichen läuft auf Hochtouren.
Die vorgeschlagenen Möglichkeiten zum Austausch von Patientendaten und Rezepten dürfte mangels Akzeptanz, mangels nötiger Infrastruktur und geringem Nutzenzuwachs in naher Zukunft kaum realisiert werden.
In beiden befragten Apotheken wurde der Einsatz der EDV als eine Erleichterung empfunden; insbesondere elektronische Nachschlagewerke (Bsp.: Preisänderungen, 2x monatlich auf Diskette) wurden erwähnt. Negative Erfahrungen (Schwachstellen) mit dem Einsatz der EDV wurden keine genannt, und die befragten Personen gaben an, dass ihrer Meinung nach in allen relevanten Bereichen die EDV eingesetzt wird.
Die gemachten Angaben stammen aus Interviews und Befragungen mit Apotheken (2), Krankenkassen (2), Apothekerverein (1) und ofac (1). Die wichtigsten Prozesse wurden beschrieben, die vorkommenden Daten aufgezeigt und Einsatzmöglichkeiten für den elektronischen Datenaustausch genannt. Der grösste Nutzen durch den elektronischen Datenaustausch ergibt sich aufgrund der enormen Mengen in den Bereichen "Bestellung" und "Faktura".
Krankenkassen sind juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts, die keinen Erwerbszweck verfolgen, hauptsächlich die soziale Krankenversicherung betreiben und vom Eidgenössischen Departement des Innern anerkannt sind. Das durch die Krankenversicherung abgedeckte Risiko ist vor allem die Krankheit, aber auch Unfall-, Invaliditäts- und Todesfallrisiko können versichert sein. (vgl. [Hotz94])
Durch die Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes am 1.1.1996 ist jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz verpflichtet, sich für Krankenpflege zu versichern.
Im Folgenden werden lediglich die Datenflüsse zwischen Krankenkassen und anderen Institutionen/Personen genauer untersucht. Vernachlässigt werden die Beziehungen (Datenaustausch) innerhalb einer Krankenkasse, das heisst zwischen Hauptsitz und Agenturen, Geschäftsstellen usw. Der Sinn und Zweck von Agenturen und Geschäftsstellen besteht darin, den Versicherer in der entsprechenden Region/Ortschaft zu vertreten, neue Kunden zu gewinnen, Kunden optimal zu betreuen und den Hauptsitz bei verschiedenen Tätigkeiten zu entlasten. Eine solche Organisation setzt jedoch voraus, dass der Hauptsitz, die Agenturen und Geschäftsstellen mit allen relevanten Daten versorgt sind. Zur Handhabung dieses "Problems" existieren in der Praxis unterschiedlich Lösungen. Während die einen Versicherer mit der traditionellen Briefpost ihre Nachrichten intern verschicken, beziehen manche Agenturen die nötigen Daten online vom Hauptsitz und können unter Umständen Mutationen und Neueinträge machen. Möglichkeiten für den elektronischen Datenaustausch und Potentiale bestehen bei diesen internen Übermittlungen.
Die beschränkte Sichtweise auf die Krankenkasse als Ganzes wurde gewählt, weil unter den verschiedenen Krankenversicherern enorme Unterschiede im organisatorischen Bereich bestehen und der technologische Stand (EDV) sehr unterschiedlich ist, so dass eine genauere Untersuchung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
Neben den im Folgenden aufgelisteten Austauschbeziehungen gibt es noch eine Reihe weiterer Institutionen/Personen im Gesundheitswesen, welche über ähnliche Weise mit den Krankenversicherern in Kontakt stehen. (Bsp.: Physiotherapeuten, Chiropraktiker, Zahnärzte, ...) Dabei werden wiederum Rechnungen, Geld (Zahlungen), Anfragen und Auskünfte zwischen den beiden Parteien ausgetauscht. Auf diese Beziehungen wird nicht näher eingegangen, da sie die Minderheit bilden und sich die gefundenen Ergebnisse (aus den untersuchten Beziehungen) übertragen lassen.
Ergänzungen zur Abbildung 2:
Beziehung
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Daten- und Materialaustausch |
Patient ® Krankenkasse |
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Krankenkasse ® Patient |
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Apotheke/Abrechnungsstelle ® Krankenkasse |
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Krankenkasse ® Apotheke/Abrechnungsstelle |
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Labor ® Krankenkasse |
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Krankenkasse ® Labor |
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Spital ® Krankenkasse |
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Krankenkasse ® Spital |
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Arzt-Praxis/Ärztekasse ® Krankenkasse |
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Krankenkasse ® Arztpraxis / Ärztekasse |
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Ablaufdiagramme zu den wichtigsten Geschäftsprozessen befinden sich im Anhang ("Ausgewählte Geschäftsprozesse").
Bereich
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Kommentar |
Diverse Datenflüsse vom Patienten zum Krankenversicherer |
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Diverse Datenflüsse vom Krankenversicherer zum Patienten |
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Faktura von Apotheke/Abrechnungsstelle zur Krankenkasse |
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Faktura vom Labor an Krankenkasse |
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Kostengutsprache-Anfrage & Meldung über Patientenannahme vom Spital zur Krankenkasse |
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Kostengutsprache-Bestätigung von der Krankenkasse zum Spital |
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Faktura vom Spital zur Krankenkasse |
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Faktura von der Arzt-Praxis / Ärztekasse zur Krankenkasse |
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Auskünfte/Anfragen zur Behandlung von Patienten zwischen Arzt und Krankenkasse |
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Diagnoseschlüssel, Zahlstellenregister, Tarifschlüssel und Ärzte-/ Spitäler- / Apotheker- / Kundenadressen von Anbietern zur Krankenkasse |
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Verschiedene Krankenkassen sammeln zur Zeit Erfahrungen mit dem elektronischen Datenaustausch von Rechnungen, während andere Krankenversicherer hier immer noch mit der traditionellen Briefpost ihre Geschäfte abwickeln. Obwohl sich die Übermittlung von Rechnungen sehr gut für den elektronischen Datenaustausch eignet, erfolgte eine entsprechende Standardisierung (CH: ~1994, vgl. MediData) und Pilotversuche relativ spät.
Es ist anzunehmen, dass innerhalb weniger Jahre alle grösseren Krankenkassen die elektronische Übermittlung mit den Leistungserbringern und mit internen Organisationseinheiten nutzen werden (sofern die beiden Parteien im Geschäftsprozess die Rechnungen direkt austauschen).
Elektronische Nachschlagewerke stehen an vielen Orten bereits zur Verfügung.
Frau B. Gruber, Hauptsitz Wincare:
Die elektronische Übermittlung von Rechnungen von Apotheke und Labor zum Hauptsitz empfindet sie als Entlastung. Die Daten können nach der Übermittlung und Konvertierung im vorhandenen System (IS90) verwendet werden. Die Behandlung von Ausnahmefällen (Rückweisung?) ist nur ein Bruchteil der "Fleissarbeit", welche aufgrund der traditionellen Übermittlung für die Eingabe ins System anfallen würde.
Mit den gemachten Erfahrungen (Pilotbetrieb mit Labor medica und Apotheke) kann die elektronische Übermittlung durch Hinzunahme weiterer Leistungserbringer problemlos ausgebaut werden. Durch einen solchen Mengenanstieg steigt der resultierende Nutzen.
Die vorhandenen elektronischen Nachschlagewerke auf CD-ROM sind als ausreichend bewertet worden (vgl. auch MediFrame im Kapitel "MediData AG").
Frau A. Russenberger, Geschäftsstelle Konkordia:
Potentiale und Möglichkeiten für den Einsatz der Informatik und insbesondere des Datenaustauschs sieht sie vor allem auch innerhalb der Krankenkasse. Hauptsitz und Geschäftsstelle müssen über (die gleichen) Daten verfügen, welche heute mit der herkömmlichen Briefpost ausgetauscht werden. Einen Online-Zugriff auf die benötigten Daten würde den Briefwechsel und die Mehrfacherfassung reduzieren, so dass die Mitarbeiter der Geschäftsstellen sich noch besser auf ihre Kernaufgabe - der optimalen Betreuung der Kunden vor Ort - konzentrieren können.
Die gemachten Angaben stammen aus Interviews und Befragungen mit zwei Krankenkassen (einer Geschäftsstelle und einem Hauptsitz). Die Hauptaufgabe der Krankenkassen bei Beziehungen mit anderen Institutionen im Gesundheitswesen besteht in der Entgegennahme von Rechnungen und deren Bezahlung. Die dabei anfallenden Daten eignen sich hervorragend für den elektronischen Datenaustausch, weshalb dieser Bereich in naher Zukunft "elektronisch" erschlossen sein dürfte.
Die Aufgabe des Hausarztes besteht im Behandeln von allgemeinen Krankheiten und Unfällen. Kann er aufgrund seiner Ausbildung, Erfahrung oder Infrastruktur den Patienten nicht optimal behandeln, so leitet er ihn an einen Spezialisten / Spital weiter. In der Regel hat ein Patient einen Hausarzt, welcher sämtliche Unterlagen - insbesondere die Krankengeschichte - verwaltet. Der Hausarzt ist somit idealer Ansprechpartner betreffend bisherigem (und eventuell aktuellem) Gesundheitszustand eines Patienten.
Wenn in einer Ortschaft mindestens drei Apotheken tätig sind, dann ist es (ausser in Notfällen) den dort praktizierenden Ärzten untersagt, Medikamente abzugeben.
Das Spektrum an angebotenen Leistungen seitens der Ärzte kann sehr unterschiedlich sein. Durch die Differenzierung fallen unterschiedliche Daten an. Im Folgenden wird auf alle in den Interviews erwähnten Daten eingegangen, obwohl einige Daten nicht in jeder Praxis vorkommen.
Die Beziehungen zu "kleineren" Leistungserbringern im Gesundheitswesen wie beispielsweise Spitex, Physiotherapeuten und Altersheimen wurden nicht genauer untersucht und nur kurz erwähnt.
Im Folgenden werden nur die anfallenden und auszutauschenden Daten von Hausärzten genauer untersucht; auf Spezialisten wird nicht näher eingegangen.
Abbildung 3
Beziehung
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Bemerkungen |
FMH « Arzt |
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Ärztekasse « Arzt |
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Patient « Arzt: Behandlungsleistungen; Röntgenbilder |
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Patient ® Arzt: Patientendaten |
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Arzt « Arzt |
Bei der Rücküberweisung werden sämtliche abgegebene Dokumente des Hausarztes wieder zurückgegeben. Zusätzlich erhält der Hausarzt vom Spezialisten Beschreibungen der durchgeführten Untersuchungen (Bsp.: Operationsbericht) und deren Ergebnisse, sowie eine Empfehlung zur künftigen Behandlung des Patienten. Beachte: Es werden keine detaillierten Unterlagen zur Untersuchung (Bsp. Röntgenbilder) an den Hausarzt gegeben. |
Arzt « Spital |
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Arzt « Spitex, Physiotherapeuten, Altersheim,... |
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Die wichtigsten Geschäftsprozesse mit Krankenkassen, Patienten und Labors können den Ablaufbeschreibungen der Krankenkasse entnommen werden (siehe Anhang, "Ausgewählte Geschäftsprozesse"). Die bilateralen Verhandlungen zwischen Ärzten und Herstellern, Händlern, Ärztekassen, Spitälern und Ärzten sind bezüglich des Ablaufs nicht allzu komplex; die dabei vorkommenden Daten- und Materialflüsse wurden im vorhergehenden Abschnitt beschrieben.
Bereich
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Kommentar |
Personaldaten vom Patienten zum Arzt |
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Daten für die Krankengeschichte vom Patienten zum Arzt. |
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Rezepte vom Arzt zum Patienten |
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Rechnung vom Arzt zum Patienten |
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Rechnung vom Arzt zur Krankenkasse |
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Rechnung vom Arzt zur Ärztekasse |
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Laborauftrag vom Arzt zum Labor |
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Laborbefund vom Labor zum Arzt |
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Bestellung vom Arzt zum Hersteller / Händler / Apotheker |
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Rechnung vom Hersteller / Händler / Apotheker zum Arzt |
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Patientendaten vom Arzt zum Arzt / Spital |
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Auskünfte / Anfragen / Bestätigungen zwischen Arzt und Spitex/Altersheim/... |
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Nachschlagewerke von verschiedenen Anbietern zu den Ärzten. |
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Obwohl bei vielen Ärzten die Rechnungen in elektronischer Form vorliegen, werden sie wieder ausgedruckt und via Briefpost an ihren Bestimmungsort geschickt. Die Informatik wird in den Arzt-Praxen oft nur für administrative Zwecke eingesetzt. Der elektronische Austausch von Patientendaten (insbesondere der Krankengeschichte) ist praktisch nirgends realisiert. Wenn der Computer eingesetzt wird, dann vor allem um Rechnungen zu erstellen, Adressen zu verwalten und eventuell elektronisch zu bestellen.
Frau B. Spörri, Medizinische Praxisassistentin:
Rechnungen werden aufgrund der durchgeführten Behandlungen erstellt, wobei der Arzt die einzelnen Aktivitäten via Strichcode direkt in einen sogenannten "Hamster" einliest. Diese Daten werden periodisch in den Computer übertragen, dort wird die Rechnung generiert, abgespeichert und periodisch via Diskette an die Ärztekasse geschickt. Obwohl der Ablauf zur Rechnungserstellung und Übermittlung stark von der EDV geprägt ist, gibt es erhebliche Schwachstellen in der jetzigen Ablauforganisation, hervorgerufen durch die mangelnde Benutzerfreundlichkeit der Hard- und Software. Beispielsweise ist das Strichcode-Lesegerät unhandlich, Daten können mangels nötiger Stromversorgung oder wegen Überlauf ohne Vorwarnung verloren gehen und Mehrfach- / Fehlerfassungen sind schwierig zu korrigieren.
Daneben wird der Computer zur Adressverwaltung und als elektronisches Nachschlagewerk (Medikamentenlisten, Telefonbuch...) eingesetzt.
Dr. med. B. Schneider:
Er erachtet den Einsatz der Informatik in der Arztpraxis im administrativen Bereich als sinnvoll. Wegen des permanenten Wandels in der Medizin sieht er zudem Einsatzmöglichkeiten für elektronische Nachschlagewerke und Fachliteratur. Dem elektronischen Austausch von Patientendaten zwischen Ärzten und Spitälern steht er abwartend gegenüber.
Momentan werden in seiner Praxis folgende Bereiche durch die Informatik unterstützt:
Dr. med. U. Böhni:
Er benutzt den Computer sehr häufig bei seiner Arbeit. Daten werden von ihm in Anwesenheit des Patienten in den Computer eingegeben. Er ist der Meinung, dass die Patienten dieses Vorgehen nicht als störend empfinden. Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Arzt bei der Dateneingabe immer noch genügend dem Patienten widmen kann (Augenkontakt, ® Eingabe mit Zehnfingersystem) und der Computer rein optisch nicht störend wirkt (klein und handlich, ® Notebook).
Je nach Gültigkeitsdauer und Bedeutung der Daten werden sie auf traditionellem oder elektronischem Wege verarbeitet. In folgenden Bereichen liegen die Daten in elektronischer Form vor:
Obwohl sehr viele Daten in elektronischer Form vorhanden sind, werden sie in dieser Form nicht mit anderen Institutionen/Personen ausgetauscht. Einzig die Bestellung der Medikamente und der Zahlungsverkehr erfolgt über den Computer. Die Rechnungen werden direkt an die Patienten verschickt, so dass die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung entfällt. Der standardisierte, elektronische Datenaustausch mit den Labors wird (noch) nicht genutzt.
Da alle relevanten Daten zu den Patienten in elektronischer Form vorliegen, können diese Daten bequem und ohne grossen Aufwand mit anderen Ärzten / Spitälern ausgetauscht werden: Die benötigten Unterlagen werden via Fax verschickt.
Obwohl die Daten auf der Empfängerseite unter Umständen wieder in den Computer eingegeben werden müssen, sieht Herr Dr. Böhni bei dieser Methode auch Vorteile: Oft kann der Überblick - vor allem bei umfangreichen Berichten - bei Angaben auf Papier schneller gefunden werden.
Beim elektronischen Austausch dieser Daten in standardisierter Form sieht er Probleme, dass sich ein Standard durchsetzen wird und dass unstrukturierter Text nur schwierig in andere Systeme integriert werden kann.
Durch diese Arbeitsweise entstehen seiner Meinung nach praktisch keine Nachteile. Einzig zu erwähnende Schwachstelle ist die Abhängigkeit vom Computer und das Ausdrucken der benötigten Daten bei Hausbesuchen.
Die gemachten Angaben stammen aus Interviews und Befragungen mit medizinischen Praxisassistentinnen (2) und Ärzten (3). Computer werden praktisch in jeder Praxis für den administrativen Bereich (Bestellungen, Rechnungserstellung, Adressverwaltung) eingesetzt. Obwohl die Krankengeschichten problemlos elektronisch verwaltet werden könnten, ist diese Möglichkeit vielerorts nicht realisiert. Der elektronische Austausch dieser Daten entfällt dadurch.
Labors erhalten von verschiedenen Leistungserbringern (Spitäler, Ärzte, Labors,...) im Gesundheitswesen Materialien (Blut, Urin,...). Der Untersuchungsauftrag enthält Angaben zum Patienten, zur Diagnose und den durchzuführenden Untersuchungen.
Die Ergebnisse des Auftrags (Laborbefund) werden dem Auftraggeber zurückgeschickt. Die Rechnung erhält entweder der Patient, die Krankenkasse oder der Auftraggeber.
Sowohl die Rechnungen als auch die Laboraufträge/-befunde eignen sich sehr gut für den elektronischen Datenaustausch:
Der Unfall ist neben der Krankheit eine weitere wichtige Beeinträchtigung der Gesundheit. Durch die Unfallversicherung der SUVA werden Leistungen im Falle von Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten ausgerichtet. Heute gilt für alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer ein Versicherungsobligatorium. (vgl. [Hotz94])
Gefundene Ergebnisse bei der Analyse der Krankenkassen lassen sich auf die SUVA übertragen. Die SUVA nimmt von den verschiedenen Leistungserbringern Anfragen für Kostengutsprachen und Rechnungen entgegen. Dieser Austausch kann ebenfalls elektronisch erfolgen.
Der SUVA liegt viel daran, den elektronischen Datenaustausch in diesem Bereich zu standardisieren. Sie war bei der Gründung der MediData AG (vgl. Kapitel "Standards, MediData AG") dabei und ist seither Aktionär. Rechnungen und Kostengutsprachen werden in Pilotbetrieben mit verschiedenen Spitälern elektronisch ausgetauscht.
Das Risiko "Unfall" kann ebenfalls über private Versicherer abgedeckt werden. Bei den Geschäftsprozessen zwischen Leistungserbringern, Patienten und den privaten Versicherern kommen wiederum bereits behandelte Datenflüsse vor. Deshalb wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Analyse und Beschreibung verzichtet.
Praktisch bei allen Institutionen im Gesundheitswesen werden Materialien für die medizinische Leistungserbringung benötigt. Bestellungen können gut strukturiert (standardisiert) werden und müssen wiederholt getätigt werden. Vielerorts werden die Bestellungen elektronisch übermittelt. Bei grösseren Beständen kann es für den Auftraggeber sinnvoll sein, ein automatisiertes Lagerverwaltungssystem mit der elektronischen Bestellung zu koppeln, so dass die Bestellungen automatisch vom Lagersystem durchgeführt werden.
Die vorkommenden Daten gliedern sich ähnlich wie in Arztpraxen. Bei Therapeuten und Psychologen sind die vorkommenden Daten-Arten nicht allzu komplex, und bei Zahnärzten und anderen Spezialisten werden Schwerpunkte gesetzt. Oftmals stehen die betreffenden Institutionen/Personen in engem Kontakt mit (Haus-)Ärzten und Spitälern. Behandlungshinweise, Diagnosen, Auskünfte, Angaben zum Krankheitsverlauf usw. werden zwischen den verschiedenen Parteien ausgetauscht. Die vorkommenden bzw. auszutauschenden Daten werden nur im Rahmen der Untersuchungen von Arzt-Praxen diskutiert.