Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Strommodell von [Kreutzberg, 1998] auf Stärken und Schwächen zu untersuchen, zu interpretieren und zu ergänzen. Dabei orientiert sich die Arbeit an den Dokumenten von [Kreutzberg, 1998] / [Kreutzberg, 1998b], welche das Strommodell detailliert vorstellen. In diesem Kapitel wird es in seinen Grundzügen beschrieben, so dass der Leser auch ohne die Kenntnisse der "Original"-Dokumente von [Kreutzberg, 1998; 1998b] die Grundlagen des Modells kennt und somit die Untersuchung nachvollziehen kann. Zur Beantwortung von Detailfragen bezüglich diesen Grundlagen muss allerdings auf die entsprechenden Dokumente verwiesen werden.
Bei der folgenden Zusammenfassung soll es sich um eine möglichst objektive Beschreibung des Strommodells handeln, das heisst im Sinne von [Kreutzberg, 1998]. Interpretationen, Kritik und Ergänzungen werden davon getrennt und im Anschluss an dieses Kapitel aufgeführt.
Eine solche Vorgehensweise verlangt, dass beim Beschreiben der Grundzüge des Modells stark an den Originaltext angelehnt wird. Es wird dabei der Übersicht und Verständlichkeit wegen nicht bei jedem Zitat auf den Autor verwiesen, welcher hier immer [Kreutzberg, 1998; 1998b] ist.
Die Begriffe "Strommodell" und "nichtlineares Modell" werden während der ganzen Arbeit synonym verwendet: Ursprünglich galt die erste Bezeichnung, diese wurde dann im Modell-Entwicklungsprozess allmählich durch letzteren Namen ersetzt. Für das verbal/graphisch dargestellte Modell ist aber die Bezeichnung "Strommodell" zutreffender.
3.1.1 Ausgangslage / Stand der Forschung
Kreutzberg hat aufgrund einer Studie festgestellt, dass in der Literatur über das Informationsmanagement oft Vorgehensmodelle beschrieben werden, wie ein erfolgreiches Informationsmanagement durchgeführt werden soll. Die beobachteten Sachverhalte aus der Realität werden dabei meist beschrieben, indem sie zu Klassen zusammengefasst und in hierarchische Beziehungen zueinander gesetzt werden (vgl. beispielsweise im Kapitel 2 die Abschnitte "Informationsmanagement" und "Projektcontrolling").
Die Nachteile dieser verbalen Darstellungen liegen bei der begrenzten Möglichkeit, logische und mathematische Analyseverfahren zu benutzen und zu präzisen Schlussfolgerungen zu gelangen. Bei solchen Modellen wird oft die gegenseitige Abhängigkeit von Unternehmens-teilen wenig beachtet und nicht quantifiziert. Ebenso bleibt die quantifizierte Begründung für Querschnittsfunktionen wie beispielsweise das Projektcontrolling aus.
3.1.2 Ziele und Grundidee
Das Strommodell verfolgt das Ziel, das Verständnis der Wirkungszusammenhänge zwischen Informationsmanagement und anderen Teilen im Unternehmen zu erhöhen. Insbesondere soll das Modell den Einfluss des sogenannten Erfahrungspools auf das Informationsmanagement aufzeigen, so dass diesbezüglich wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden können. Ebenfalls sollen die Abhängigkeiten zwischen dem Unternehmen, den Fachabteilungen und dem Informationsmanagement untersucht werden.
Es wird versucht, Aussagen über die Entwicklung des Informationsmanagements sowie dessen theoretische Grenzen im Unternehmenszyklus abzuleiten. Die Faktoren, welche für die langfristige Entwicklung des Informationsmanagements verantwortlich sind, sollen erkennbar sein.
Wesentliches Ziel des Strommodells ist die Motivation für den Aufbau eines Projektcontrollings; das Modell soll begründen, weshalb die Einführung des Projektcontrollings im Unternehmen sinnvoll ist. In diesem Zusammenhang spielt wiederum der Erfahrungspool eine wichtige Rolle, welcher auch den Ausgangspunkt für eine weitere Arbeit von Kreutzberg bildet (dynamisches Schätzmodell).
Um dem eingangs erwähnten Manko bei verbaler Darstellung und bei Klassen- und Hierarchiebildung entgegenzuwirken, wird beim Strommodell ein anderer Ansatz gewählt: Im Kern wird das Modell mathematisch-analytisch dargestellt, wodurch innerhalb des Modells präzise Schlussfolgerungen ermöglicht werden. Das Modell bildet einen Teil der Prozesse des Informationsmanagements ab und berücksichtigt Beziehungen zwischen verschiedenen Einheiten des Unternehmens.
Grundlage der mathematisch-analytischen Darstellung des Modells ist die Chaostheorie; dem Faktor Zeit wird in allen eingeführten Differenzengleichungen Rechnung getragen, wobei die Gleichungen nichtlinear und deterministisch sind. Solche Modelle bieten die Möglichkeit, sowohl stabile als auch zyklische und chaotische Prozesse zu beschreiben.
Bei der Modellentwicklung wurde stets darauf geachtet, ein möglichst offenes Modell zu entwickeln, welches die Aufnahme weiterer Parameter erlaubt. Aus diesem Grund darf das Modell auch nicht als umfassend verstanden werden; es werden nicht alle Aspekte des Informationsmanagements berücksichtigt. Im Sinne einer sukzessiven Erweiterung des Modells wird das mathematisch-analytische Modell von [Kreutzberg, 1998] über drei Stufen ausgebaut.
Im Unterschied zu [Kreutzberg, 1998] wird bei der vorliegenden Arbeit eine zusätzliche Einteilung verwendet: Aufgrund der verschiedenen Darstellungsformen und Annahmen wird zwischen einem sogenannten "grundlegenden Strommodell" und einem "formalen Strommodell" unterschieden. Das grundlegende Strommodell beschreibt den Umweltausschnitt verbal und graphisch (vgl. [Kreutzberg, 1998], S. 22-26). Es dient als Einleitung und Basis für das mathematisch-analytische 3-Stufen Modell. Letzteres wird in dieser Arbeit auch als formales Strommodell bezeichnet (vgl. [Kreutzberg, 1998], S. 27-41) und bildet den Schwerpunkt der weiteren Betrachtungen.
3.1.3 Grundlegendes Strommodell
Das grundlegende Strommodell basiert auf der Idee, das Unternehmen in verschiedene Einheiten einzuteilen, um anschliessend die betrieblichen Leistungsströme zwischen diesen Einheiten untersuchen zu können. Die Idee ist nicht ganz neu, kommt sie doch beispielsweise in der Volkswirtschaft in analoger Weise vor, damit das komplizierte Beziehungsgeflecht überhaupt analysiert werden kann; häufig wird in der Makroökonomie in Einheiten wie Unternehmungen, Haushalte, Staat und Vermögensänderung aufgeteilt (vgl. z.B. [Blümle, 1990; S. 46-59]).
Der komplexe Umweltausschnitt "Unternehmung" wird im Strommodell abstrakt abgebildet, indem die Akteure zu Polen (Einheiten, Abteilungen) zusammengefasst werden und das wirtschaftliche Geschehen zwischen diesen Polen - die Transaktionen - zu Strömen zusammengefasst und quantifiziert wird. Die Leistungsströme und Akteure innerhalb der jeweiligen Pole werden im Modell dann nur noch gesamthaft behandelt, woraus sich ein sehr hohes Abstraktionsniveau ergibt. Eine Verfeinerung beziehungsweise eine Ergänzung kann erreicht werden, indem für die Analyse der einzelnen Pole ein analoges Vorgehen gewählt wird, respektive zu den bestehenden Einheiten neue hinzugefügt werden. Dadurch kann das Modell schrittweise und flexibel verfeinert und ausgebaut werden.
Ausgangspunkt im Modell ist die Informatikabteilung. Sie stellt den ersten Pol dar, worin die Akteure beziehungsweise Aufgaben der Informatikabteilung gesamthaft enthalten sind. Als weiterer Pol im Modell wird die Fachabteilung eingeführt. Die Prozesse zwischen den beiden Abteilungen können in diesem einfachen Modell wie folgt interpretiert werden: Die Informatikabteilung erhält von der Fachabteilung einen Auftrag, worauf ein Informatikprojekt gegründet wird und die geforderte Leistung für die Fachabteilung erbracht wird. Betrieblicher Leistungsstrom ist in diesem Beispiel das erstellte Produkt oder die Dienstleistung. Zumindest kalkulatorisch fliesst jedoch auch in umgekehrter Richtung ein Leistungsstrom. Als Gegenleistung wird die Fachabteilung der Informatikabteilung den berechneten Preis bezahlen müssen.
Das zweipolige "Kreislaufmodell" wird in einem weiteren Schritt durch den sogenannten Erfahrungspool ergänzt. Dadurch wird dem Aspekt Rechnung getragen, dass die Informatikabteilung neben den Leistungen an die Fachabteilung zusätzlich für die Zukunft vorsorgt. Ein Teil der Leistungen fliesst in den Erfahrungspool, wenn beispielsweise die Mitarbeiter geschult oder neue Systeme entwickelt werden. Der Erfahrungspool stellt somit ein Sammelbecken für all das Wissen und die Fertigkeiten dar, welches in der Zukunft für das Informationsmanagement nützlich sein kann. Bei neuen Projekten bedient sich die Informatikabteilung an diesem "gesammelten Potential", um die Leistungen effizienter und effektiver zu erstellen.
Abbildung 4 stellt das dreipolige Strommodell graphisch dar:
Abbildung 4: 3-Pol Strommodell
(Quelle: [Kreutzberg, 1998; S. 23])
Das formale Strommodell orientiert sich an diesen 3 Polen und dessen Leistungsströme; die drei Stufen des Modellentwicklungsprozesses ergeben sich unter der sukzessiven Hinzunahme der Pole.
Im grundlegenden Strommodell werden weitere Pole und betriebliche Leistungsströme betrachtet. Die Unternehmensleitung wird als weitere Einheit verstanden und in Beziehung zu den anderen Elementen gesetzt. Die Leistungsströme von der Unternehmensleitung an die Abteilungen stellen Zuschüsse dar, während Überschüsse in umgekehrter Richtung fliessen. Ein Leistungsstrom von der Unternehmensleitung zum Erfahrungspool ergibt sich beispielsweise bei der Bildung einer Stabsstelle oder dem Einsatz eines externen Beraters. Auf dieser Stufe des Modellentwicklungsprozesses werden zudem sämtliche Verbindungen zwischen allen Einheiten im Unternehmen berücksichtigt.
Da ein Unternehmen immer auch mit der Umgebung in Verbindung steht, werden im letzten Schritt noch die Lieferanten und Kunden - wiederum als Pole - ins Modell eingebettet. Ihre Beziehungen zur Informatikabteilung und zum Erfahrungspool respektive zur Fachabteilung und zur Unternehmensleitung werden ins Modell aufgenommen. Schliesslich resultiert das folgende 6-Pol Strommodell:
Abbildung 5: Grundlegendes Strommodell
(Quelle: [Kreutzberg, 1998; S. 25])
Abschliessend gilt es zu beachten, dass ...
3.1.4 Formales Strommodell
Das formale Strommodell baut auf dem grundlegenden Strommodell auf. Allerdings werden bei der Erweiterung nicht alle vorgestellten Elemente berücksichtigt; es wird ausschliesslich auf die drei Pole "Fachabteilung", "Informatikabteilung" und "Erfahrungspool" fokussiert.
[Kreutzberg, 1998] unterscheidet im formalen Modell drei aufeinander aufbauende Stufen. Die Strukturen bei den einzelnen Schritten sind einander sehr ähnlich, weshalb im folgenden die erste Stufe ausführlich beschrieben wird. Neben der mathematisch-analytischen Darstellung beschreibt [Kreutzberg, 1998] verbal noch Ergänzungen, Interpretationen und Vorgehen. Die Stufen zwei und drei werden dann nur kurz behandelt.
Auf der ersten Stufe des formalen Strommodells wird der Pol "Fachabteilung" in Beziehung zum Umsatz gesetzt. Abgebildet wird der Sachverhalt mittels einer Differenzengleichung erster Ordnung mit diskreter Zeit. Dabei wird ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen der Umsatzwachstumsrate und der Quote der Fachabteilung am Gesamtumsatz modelliert. Ausserdem übt die Fachabteilungsquote der Vergangenheit einen Einfluss auf die "aktuelle" Periode aus, und es wird angenommen, dass bei hohen Quoten eine Steigerung derselben schwieriger wird.
Abbildung 6 zeigt das formale Strommodell erster Stufe, wobei das Modell um die Bedingungen ergänzt ist, welche von [Kreutzberg, 1998] vorausgesetzt oder durch logische Analyse hergeleitet werden:
Abbildung 6: Formales Strommodell erster Stufe
(in Anlehnung an [Kreutzberg, 1998])
Aus der Gleichung für die Fachabteilungsquote geht hervor, dass sich die Quote im wesentlichen aus zwei Teilen errechnet. Im Term "a Ft-1" wird ausgedrückt, dass die Fachabteilung einem exponentiellen Wachstum unterworfen ist. Der zweite Term und insbesondere der Nichtlinearitätsfaktor "bremst" diesen Anstieg der Fachabteilungsquote; je höher hier der Wert von Ft-1 ist, desto grösser wird der wachstums-hemmende Effekt. [Kreutzberg, 1998] spricht in diesem Zusammenhang vom negativen Rückkoppelungseffekt. Diese Definition stimmt jedoch nicht mit der Definition überein, wie sie im Kapitel "Grundlagen / Modelle" festgelegt wird. Zwecks einheitlicher Verwendung der Bezeichungen wird in dieser Arbeit deshalb der Begriff "Dämpfungseffekt" anstelle von "Rückkoppelungseffekt (im Sinne von [Kreutzberg, 1998])" verwendet.
Den Wertebereich von Ft (und selbstverständlich auch von Ft-1) legt [Kreutzberg, 1998] zwischen null und eins fest. Die beiden Extremwerte für Ft, das heisst Ft gleich null oder Ft gleich eins, werden implizit ausgeschlossen.
Bezüglich der Wachstumshöhe ist der Parameter a die massgebende Grösse. Wenn der Wert von a ceteris paribus erhöht wird, wirkt sich dies positiv auf das Wachstum (erster Term) aus. Dabei ist allerdings auch eine Zunahme des "Dämpfungseffekts" zu verzeichnen. Trotzdem wirkt sich gesamthaft betrachtet ein hoher Wert von a immer positiv auf die Fachabteilungsquote aus. (Diese Erkenntnis lässt sich sofort ableiten, wenn a auf der rechten Seite der Gleichung vorgeklammert wird.)
Die Forderung nach a grösser eins wird durch die Tatsache begründet, dass sich nur unter dieser Bedingung ein exponentielles Wachstum einstellt. Bei Werten kleiner oder gleich eins wird Wachstum ausgeschlossen, und wenn a kleiner als null ist, ergeben sich sogar negative Quoten. Aus diesen Gründen geht [Kreutzberg, 1998] bei seinen Untersuchungen von Werten grösser eins aus.
Der Nichtlinearitätsfaktor NLFFt muss grösser als eins sein. Ansonsten resultieren wiederum negative Fachabteilungsquoten, welche im Modell ausgeschlossen werden sollen.
[Kreutzberg, 1998] leitet aufgrund der gemachten Annahmen ab, dass eine marginale Erhöhung des Nichlinearitätsfaktors immer mit einer Steigerung der Fachabteilungsquote verbunden ist. Die Intensität des Dämpfungseffekts nimmt also mit hohen Werten von NLFFt ab. In diesem Zusammenhang fliessen bei Prognosen und Simulationen insbesondere über den Parameter b die Annahmen über die Dämpfung ins Modell ein: Bei einem tiefen Wert von b wird davon ausgegangen, dass ein starker Dämpfungseffekt in der zu modellierenden Umwelt wirkt.
Bei der logischen Analyse des Modells zeigt sich, dass der Wert des Parameters c negativ gewählt werden sollte. Nur unter dieser Voraussetzung lässt sich zeigen, dass ein Anstieg der Umsatzwachstumsrate eine niedrigere Fachabteilungsquote bewirkt. [Kreutzberg, 1998] nennt mehrere Argumente, weshalb eine solche Annahme vernünftig ist. Beispielsweise wird bei einer Ausweitung des Geschäfts auf andere Geschäftsfelder, hervorgerufen durch steigende Umsatzwachstumsraten, die Fachabteilungsquote üblicherweise sinken, da neue Fachabteilungen hinzukommen.
Beim formalen Modell der zweiten Stufe wird zusätzlich der Pol "Informatikabteilung" in die Berechnungen einbezogen. Dabei wird ein analoges Vorgehen wie beim Modell erster Stufe gewählt: Eine Differenzengleichung erster Ordnung berücksichtigt den Faktor Zeit, und es wird von einem nichtlinearen Zusammenhang zwischen Fachabteilungswachstumsrate und der Quote der Informatikabteilung ausgegangen. Die Verbindung von der Fach- zur Informatikabteilung kommt darin zum Ausdruck, dass sich die berechneten Fachabteilungsquoten wachstums-hemmend auf die Entwicklung der Informatikabteilungsquote auswirken. Die eingeführten Bedingungen werden in ähnlicher Weise hergeleitet oder begründet wie im formalen Strommodell erster Stufe.
Durch die Hinzunahme des Erfahrungspools wird schliesslich das Modell der dritten Stufe konstruiert. Auch in diesem Fall lehnt sich die Struktur stark an den vorhergehenden Modellen an, und die Annahmen und Einschränkungen werden auf analogem Wege erhalten.
Das formale Strommodell der Stufen eins bis drei stellt sich somit wie folgt dar:
Abbildung 7: Formales Strommodell
(in Anlehnung an [Kreutzberg, 1998])
Abschliessend gilt es zu beachten, dass ...
3.2 Untersuchung des Strommodells
Das nichtlineare Modell von [Kreutzberg, 1998] wird in diesem Kapitel auf Stärken und Schwächen analysiert. Dabei wird das Modell nötigenfalls in Form von Präzisierungen oder durch alternative Vorschläge ergänzt.
Bei der Untersuchung des Strommodells wird wie folgt vorgegangen (in Anlehnung an [Kleinewefers, 1983]; vgl. Kapitel "Grundlagen / Kritik an Modellen"): Zuerst werden die Annahmen auf ihre Relevanz und Logik hin überprüft. Dieser Teil wird sehr ausführlich behandelt, da im Sinne einer konstruktiven Kritik das Strommodell nicht nur untersucht, sondern auch gleich ergänzt und ausgebaut wird. Anschliessend werden die logischen Schlussfolgerungen und Ergebnisse von [Kreutzberg, 1998] nachvollzogen und durch zusätzliche Ableitungen und Resultate ergänzt. Abschliessend wird der Bezug von den Modellergebnissen zur Problemstellung gemacht. Die Analyse basiert auf theoretischen Überlegungen und vergleicht insbesondere die Entwicklung der Quoten nicht mit empirischen Daten. Empirische Untersuchungen führt [Kreutzberg, 1998c] durch.
Es gilt zu beachten, dass der Übergang zwischen Annahmen, Konsequenzen und Ergebnissen oft fliessend ist. Soweit es die Situation erlaubt, lehnt sich die Anordnung der Kapitel und deren Struktur an das Vorgehensmodell von [Kleinewefers, 1983; S. 44-47] an.
Im vorhergehenden Kapitel wird das Modell von [Kreutzberg, 1998] in das "grundlegende" und "formale" Strommodell aufgeteilt. Die Auftrennung wird in diesem Kapitel übernommen, und die Teilmodelle werden einzeln untersucht. Dabei wird das grundlegende Strommodell wiederum als Ausgangslage fürs formale Strommodell verstanden, wodurch letzteres insbesondere auch die Grenzen des grundlegenden Modells übernimmt.
3.2.1 Grundlegendes Strommodell
Modellierungskonzept
Jedes Modell reduziert die Komplexität des darzustellenden Umweltausschnitts. Es stellt sich also nicht die Frage, ob die Realität vereinfacht dargestellt werden soll, sondern es muss entschieden werden, in welchem Ausmass reduziert werden soll. Die Unternehmung mit all ihren Beziehungen zur "Aussenwelt" stellt ein komplexes Beziehungsgeflecht dar. [Kreutzberg, 1998] fasst den abzubildenden Umweltausschnitt in sechs Einheiten zusammen und setzt diese in gegenseitige Beziehung. Eine zusätzliche Abstraktion fliesst mit der Einführung des Erfahrungspools ins Modell ein.
Das Modell erlaubt es, von den Details der einzelnen Einheiten abzusehen und die Abteilungen gesamthaft zu betrachten. Gewissen Aufgaben und Stellen lassen sich sofort Einheiten zuteilen. Die Wechselwirkungen zwischen den Einheiten werden im Modell berücksichtigt, so dass die gegenseitigen Abhängigkeiten und Geschäftsprozesse (über mehrere Abteilungen) nicht vernachlässigt werden.
Das Modell kann flexibel ausgebaut werden, wenn gegebenenfalls neue Pole und Verbindungen eingeführt werden. Ein analoges Vorgehen kann gewählt werden, um die einzelnen Pole genauer zu analysieren, indem auf einer tieferen Ebene die jeweiligen Pole ihrerseits wieder aufgeteilt werden. Umgekehrt kann das Unternehmen zu einer einzigen Einheit zusammengefasst werden und in Beziehung zu anderen Wirtschaftssubjekten gesetzt werden, wie dies in der Volkswirtschaft oft getan wird.
Wie das Beispiel "formales Strommodell" zeigt, kann der Aufbau eines mathematisch-analytischen Modells schrittweise vollzogen werden, indem Pole und ihre Verbindungen sukzessive ins Modell aufgenommen werden.
Es handelt sich beim grundlegenden Strommodell also um ein sehr flexibles, erweiterbares Modell.
Leistungsströme und deren Bewertung
Der Name "Strommodell" hat seinen Ursprung darin, dass zwischen den verschiedenen Abteilungen Produkt-, Leistungs- und Zahlungs-Ströme bestehen. Die Austauschbeziehungen können nun unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden: Wird lediglich untersucht, welche Produkte oder Dienstleistungen ausgetauscht werden, so besteht bei jeder Transaktion eine einseitige Beziehung. Bei diesem Fokus kann analysiert werden, welche Pole welche Leistungen für andere Abteilungen erbringen. Wenn nun davon ausgegangen wird, dass der Empfänger den Leistungsersteller gerecht entschädigt, so ergeben sich bei jeder Transaktion zwei gegenläufige Flüsse, welche den gleichen Wert aufweisen. In einem solchen Szenario entspricht der Wert der erbrachten Leistungen eines Pols dem Wert der erhaltenen Leistungen.
Die Schwierigkeit liegt bei diesem Ansatz in der "gerechten Entschädigung": Für eine bezogene Leistung wird eine Gegenleistung bezahlt. Der Wert einer Leistung variiert aber je nach Subjekt und nach Verwendungszweck sehr unterschiedlich; den objektiven Wert gibt es nicht.
[Kreutzberg, 1998] führt im grundlegenden Strommodell eine Bewertungsfunktion ein, welche die Leistungsströme auf einer Skala abbilden, so dass sie miteinander vergleichbar sind. Es drängt sich auf, die Leistungen auf Geldeinheiten umzurechnen, da der Zweck des Geldes unter anderem ja genau ist, als Wertmassstab zu fungieren. Bei der konkreten Ausgestaltung des Modells gilt es dann, die Bewertungsfunktion festzulegen. Naheliegend ist es, grundsätzlich zwischen Preisen und Kosten zu unterscheiden. So kann der Leistungsstrom in die Höhe der Geldwerts abgebildet werden, welcher vom Leistungsersteller gefordert wird (® Preis). Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Leistungsstrom in die Höhe des Geldwertes abzubilden, welcher vom Leistungsersteller selbst für die Leistungserstellung "bezahlt" wurde (® Kosten). Von zentraler Bedeutung ist schliesslich, wieviel als Differenz zwischen diesen beiden Grössen übrig bleibt. Eine exakte Trennung der verschiedenen Abbildungsfunktionen ist zweckmässig.
Im grundlegenden Strommodell werden die Preis-, Kosten- und Gewinnflüsse (alle Ströme in Geldeinheiten bewertet) gleichzeitig berücksichtigt, so dass eine Unterscheidung der Bedeutung der einzelnen Flüsse nicht unmittelbar ersichtlich ist.
Wechselwirkungen zwischen den Abteilungen
Im Modell - hervorgehoben durch die zahlreichen Verbindungslinien - weist [Kreutzberg, 1998] zu Recht darauf hin, dass innerhalb des Unternehmens jede Einheit mit jeder anderen Einheit in ständiger Wechselbeziehung steht. Im Strommodell wird die Fachabteilung nicht von ausserhalb der Unternehmung beliefert. Diese Annahme trifft für einige Branchen zu, in anderen Branchen steht die Fachabteilung mit Lieferanten in Beziehung. Diese Einschränkung ist insofern nicht tiefgreifend, als dass im Bedarfsfall eine Verbindung leicht beigefügt werden kann und bei einer konkreten Ausgestaltung, (wie beispielsweise im formalen Strommodell) zwecks Reduktion der Komplexität, oft weitere Vereinfachungen gemacht werden müssen. Dasselbe gilt für die nicht eingetragenen Verbindungen der anderen Einheiten.
Definition der Pole
Die Pole beziehungsweise deren Inhalte werden im Strommodell teilweise bereits durch ihre Bezeichnung definiert. So werden im Pol "Lieferant" sämtliche Akteure zusammengefasst, welche der Unternehmung Produkte und Leistungen verkaufen. Als Kunden können jene Wirtschaftssubjekte definiert werden, welche Produkte und Dienstleistungen von der Unternehmung beziehen. Die Unternehmensgrenze ist also das entscheidende Kriterium für die Definition von "Lieferant" und "Kunde". Es gilt jedoch zu beachten, dass vor allem in jüngerer Zeit diese Grenze zunehmend unschärfer wird. Während einige Lieferanten "nur" Standardprodukte für das Unternehmen verkaufen und flexibel durch andere Anbieter ausgetauscht werden können, sind einige Lieferanten sehr eng mit der Unternehmung verbunden und können - zumindest vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet - nicht mehr von internen Bereichen unterschieden werden. Umgekehrt kann aber auch die Informatikabteilung aus dem Unternehmen ausgelagert werden, womit sie sich gemäss obigen Überlegungen zum Lieferanten definiert.
Eine solche Feinunterscheidung der Unternehmensgrenze erscheint jedoch nicht zweckmässig, da ein Modell ja immer eine vereinfachte Sichtweise darstellt und im Hinblick auf die Problemstellung solche Finessen nur noch wenig an zusätzlichem Nutzen beitragen. Die Namensgebung der Pole "Lieferant" und "Kunde" reicht als Definition bereits aus.
[Kreutzberg, 1998] nennt die vier Pole "Unternehmensleitung", "Informatikabteilung", "Fachabteilung" und "Erfahrungspool" als Teilbereiche des Unternehmens. Wiederum können gewisse Akteure aufgrund der Namensgebung den Abteilungen sofort zugewiesen werden. Eine präzise Definition der einzelnen Pole ist in [Kreutzberg, 1998] ausgeblieben, obwohl an dieser Stelle eine genauere Abgrenzung zweckmässig wäre.
Das grundlegende Strommodell lässt als Interpretationsspielraum offen, ob die vier Einheiten das gesamte Unternehmen oder nur einen Teilausschnitt abbilden. Die einzelnen Pole können auf einer tieferen Abstraktionsebene wiederum in Teilbereiche unterteilt werden. Somit ist es möglich, sämtliche Einheiten der Unternehmung mit Ausnahme der drei Pole "Unternehmensleitung", "Informatikabteilung" und "Erfahrungspool" als Fachabteilung zusammenzufassen. Bei dieser Interpretationsweise stellt das grundlegende Strommodell das gesamte Unternehmen dar. Es ist jedoch zu beachten, dass im formalen Strommodell gegebenenfalls nur ein Teilbereich der Fachabteilung betrachtet und dieser Ausschnitt dann als "Fachabteilung" bezeichnet wird. Die Unterscheidung, ob es sich bei der Fachabteilung um die Summe der verbleibenden Abteilungen des Unternehmens oder um einen speziellen Teilbereich handelt, hängt im formalen Strommodell von der Quote ab (vgl. Abschnitt "Quoten"). Für das grundlegende Strommodell wird in der vorliegenden Arbeit angenommen, dass unter dem Begriff "Fachabteilung" sämtliche verbleibende Abteilungen zusammengefasst sind, welche nicht zu den anderen drei Einheiten gezählt werden.
Im Pol "Unternehmensleitung" werden sich sicherlich nur Akteure befinden, welche Führungsaufgaben wahrnehmen. Weiter kann aber auch davon ausgegangen werden, dass nicht sämtliche Personen, welche Führungsaufgaben wahrnehmen, zur Unternehmensleitung gezählt werden. Es stellt sich die Frage, bei welcher Hierarchiestufe der Informatik- und Fachabteilung die Grenze gezogen wird beziehungsweise durch welche Eigenschaften sich die Akteure (und ihre Aufgaben) im Pol "Unternehmensleitung" auszeichnen.
Wie aus dem Strommodell hervorgeht, zeichnet sich die Informatikabteilung durch das Erbringen von Dienstleistungen insbesondere an den internen Kunden "Fachabteilung" aus. Die Zuordnung der Akteure beziehungsweise deren Aufgaben zur Informatikabteilung wird im weiteren Verlauf der Arbeit an die Definition von [Österle, 1991; S. 29 f.] angelehnt: Die Informatikabteilung hat die Aufgabe, Informationssysteme zu entwickeln und zu betreiben (technische Sicht). Sie sorgt unter anderem für die Hardware, das Netzwerk und die Systemsoftware sowie den Betrieb der Rechner. Das Produktionsmanagement, das Problemmanagement und der Benutzerservice im Sinne von [Heinrich, 1996; S. 277-303] wird ebenfalls zu den Aufgaben der Informatikabteilung gezählt.
Es gilt jedoch zu beachten, dass die Trennung zwischen Fachabteilung und Informatikabteilung nicht so einfach ist, wie es der erste Blick vermuten lässt: Entwickelt beispielsweise die Informatikabteilung für den Fachbereich ein neues Anwendungsprogramm, so sind die künftigen Benutzer beizuziehen. Um die Anforderungen besser festzulegen und die Qualität zu erhöhen, können Vertreter der Fachabteilung ins betreffenden Projekt aufgenommen werden. Eine eindeutige Zuteilung insbesondere der anfallenden Kosten des Projekts auf die Abteilungen wird dadurch aber erschwert. Weiter stellt sich die Frage, ob der Leistungsbezieher bei einer Leistungserstellung durch die Informatikabteilung an sich selbst nicht zum Fachbereich gezählt werden muss.
In diesem Zusammenhang gilt es jedoch wieder abzuwägen, inwiefern solche Details im Hinblick auf den Abstraktionsgrad des Modells von Bedeutung sind. In diesem Sinne verweisen die Überlegungen des vorhergehenden Abschnitts auf die fliessenden Grenzen und Problembereiche, werden aber für den weiteren Verlauf vernachlässigt.
Informationsmanagement
Sowohl im grundlegenden wie auch im formalen Strommodell ist nicht klar definiert, wo sich das Informationsmanagement im Modell befindet: [Kreutzberg, 1998] versteht die Informatik-Abteilung als eine Ausprägung des Informationsmanagements im Unternehmen. Es geht jedoch nicht eindeutig aus dem Strommodell hervor, ob sich das Informationsmanagement einzig in diesem Pol manifestiert oder ob die anderen Einheiten ebenfalls Teile dieser wichtigen Querschnittsfunktion enthalten.
Eine eindeutige Zuordnung im Strommodell wird jedoch benötigt, da sonst je nach Interpretation andere Schlussfolgerungen über das Informationsmanagement resultieren können, was es aufgrund der zentralen Bedeutung des Informationsmanagements für die Zielsetzung zu vermeiden gilt.
Wird das Informationsmanagement im Strommodell mit der Informatikabteilung gleichgesetzt, so gelten alle Aussagen, welche in der vorliegenden Arbeit für die Informatikabteilung gemacht werden, uneingeschränkt für das Informationsmanagement.
Im folgenden wird das Informationsmanagement jedoch in einem weiteren Sinne verstanden: Die Unterteilung der Aufgaben des Informationsmanagements, wie sie [Österle, 1991; S. 28 ff.] vorschlägt, lässt sich in geeigneter Weise auf drei Pole des Strommodells aufteilen. Das "Management der Informatik", als Teilbereich des Informationsmanagements, kann dem Pol "Informatikabteilung" zugewiesen werden.
"Das 'Informationssystem-Management' sieht die Informationsverarbeitung aus einer logisch-konzeptionellen Sicht. Es konzentriert sich auf die Entwicklung und den Betrieb des Informationssystems. Es beschränkt sich auf die Daten, die Funktionen, die Kommunikation und die organisatorischen Regeln für das Informationssystem, vernachlässigt also andere unternehmerische Dimensionen wie die Führung des Personals oder die Produktgestaltung und technische Dimensionen wie das Netzwerk." ([Österle, 1991; S. 29]) Wesentliche Aufgaben des "Informationssystem-Managements" können somit der Fachabteilung beziehungsweise den betreffenden Instanzen zugeordnet werden.
Als dritten Teilbereich unterscheidet [Österle, 1991] die "informationsbewusste Unternehmensführung", worunter er das Erkennen der Potentiale der Informationstechnik und das Umsetzen in neue Geschäftslösungen versteht. Derartige Aufgaben können vor allem dem Pol "Unternehmensleitung" zugeteilt werden.
Eine ähnliche Strukturierung des Informationsmanagements wie [Österle, 1991] schlagen auch [Krcmar, 1997] und [Sokolovsky, 1992] vor. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird diese Struktur übernommen, und es wird davon ausgegangen, dass sich das Informationsmanagement in den drei genannten Einheiten manifestiert. Dies impliziert jedoch, dass insbesondere im formalen Strommodell Ausprägungen der einzelnen Pole nicht gesondert voneinander betrachtet werden dürfen, um zu Aussagen über das Informationsmanagement zu gelangen.
Erfahrungspool
Der Erfahrungspool spielt im Hinblick auf die Zielsetzung von [Kreutzberg, 1998] eine zentrale Rolle und stellt die Verbindung zum dynamischen Schätzmodell her. Zudem fliesst mit der Einführung dieses Pols eine zusätzliche Abstraktion ins nichtlineare Modell ein. Aus diesen Gründen wird im folgenden auf den Erfahrungspool und insbesondere auf die Erfahrungsdatenbank genauer eingegangen.
[Kreutzberg, 1998] zählt als mögliche Inhalte des Erfahrungspools folgende Elemente auf:
Teilbereiche des Erfahrungspools
Aufgrund der obigen Aufzählung geht hervor, dass [Kreutzberg, 1998] mehrere unterschiedliche Bereiche zum Erfahrungspool zählt. Im wesentlichen lässt sich der Pool in die Teile "künftiges Leistungspotential" und "Controlling" aufspalten. Abbildung 8 ordnet die verschiedenen Elemente und setzt sie in Beziehung:
Abbildung 8: Elemente des Erfahrungspools
Als zentrale Eigenschaft des Erfahrungspools nennt [Kreutzberg, 1998], dass dessen Inhalt zur künftigen Entwicklung des Informationsmanagements beiträgt. Wenn nicht in den Erfahrungspool investiert wird, verharrt das Informationsmanagement auf dem aktuellen Stand und Erneuerungen/Fortschritte bleiben aus.
In diesem Sinne kann insbesondere die Mitarbeiterförderung als eine Investition in den Erfahrungspool betrachtet werden. [Jenny, 1995] nennt für den Informatikbereich folgende Möglichkeiten zur Förderung: Training on the job (mit erhöhter Unterstützung), Schulung durch Software (z.B. CD-ROM), externe Vorträge und Kurse, interne Vortragszyklen und Kurse, Erfahrungsworkshops und andere Methoden.
Ebenso fliessen Fertigkeiten und Wissen in den Erfahrungspool, wenn neue Mitarbeiter eingestellt oder Berater hinzugezogen werden. Neue Methoden, Techniken, Werkzeuge und Sachmittel liefern ebenfalls wertvolle Beiträge zur Entwicklung des Informationsmanagements. Eine Erfahrungsdatenbank dient insbesondere dazu, anstehende Projekte besser einzuschätzen und zu planen, so dass wiederum die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit erhöht wird (vgl. Abschnitt "Aufbau und Nutzung einer Erfahrungsdatenbank").
Es stellt sich die Frage, ob das Controlling zum Erfahrungspool gezählt werden soll oder nicht. Gegen eine Einordnung in den Pool spricht insbesondere die Bezeichnung "Erfahrungspool". So liegt der Schwerpunkt des Controllings nicht im Wissen und den Fertigkeiten für künftige Tätigkeiten, sondern das Controlling trägt ebenso wie die anderen Abteilungen in der aktuellen Periode zum Unternehmenserfolg bei.
Andererseits ist das Controlling sehr eng mit der Erfahrungsdatenbank verbunden; so speist insbesondere das Projektcontrolling die Datenbank, und das IV-Controlling nutzt die betreffenden Daten. Im Hinblick auf die Zielsetzung von [Kreutzberg, 1998] ist das Controlling (speziell: Projektcontrolling) von grosser Bedeutung, weshalb die Zuordnung zu einem Pol im Strommodell zweckmässig erscheint. (Ansonsten würde es erschwert werden, Aussagen über die Entwicklung des Controllings zu machen, selbst wenn die Entwicklungen der Informatik- und Fachabteilung bekannt wären.)
Aufgrund der obigen Überlegungen drängt es sich auf, anstelle des Erfahrungspools zwei neue, getrennte Pole ins grundlegende Strommodell einzuführen: "künftiges Leistungspotential" und "Controlling".
Das Controlling und dessen Teilgebiete "IV-Controlling" und "Projektcontrolling" wurden im Kapitel "Grundlagen" behandelt. Im folgenden wird auf die Erfahrungsdatenbank und die damit verbundenen Aufgaben des Controllings eingegangen.
Aufbau und Nutzung einer Erfahrungsdatenbank
[Krcmar, 1997] hebt hervor, dass der Aufbau einer Erfahrungsdatenbank zu den Aufgaben des Projektcontrollings gehört. Auch [Bauknecht, 1997] verweist bei den Aufgaben des Projektcontrollings auf eine solche Datenbank und erwähnt dabei folgende Aspekte:
"Als Projektdokumentation gilt die Zusammenstellung von ausgewählten, wesentlichen Daten über Konfiguration, Organisation, Mitteleinsatz, Lösungswege, Ablauf und erreichte Ziele innerhalb eines Projekts" [DIN, 1987].
[Jenny, 1995] unterteilt die Projektdokumentation in die zwei Hauptbereiche "Vorgehensdokumentation" und "Systemdokumentation". Letztere Dokumentation ist für den Betrieb und die Weiterentwicklung der jeweiligen Systeme von grosser Bedeutung, im Zusammenhang mit dem Projektcontrolling und dem Zweck der Erfahrungsdatenbank spielen aber vor allem die Dokumente bezüglich des Vorgehens eine wichtige Rolle. Zweck der Vorgehensdokumentation ist "das Festhalten und Verwalten aller ergebnisbezogenen Informationen, die für Projektführung, -durchführung, Fortschritts- und Qualitätskontrolle, Entscheidungspapiere sowie die Projektabrechnung notwendig sind" [Jenny, 1995; S. 142]. Die Projektbeteiligten erhalten Dokumente mit Zielvorgaben und werden zur Fortschritts-, Qualitäts-, Kosten- und Terminkontrolle ihre Tätigkeiten an ihre übergeordnete Instanz oder das Projektcontrolling berichten. Das Projektmanagement beziehungsweise -controlling hat dabei vorab festzulegen, was wann und wie zu dokumentieren ist. Es muss geregelt werden, wie lange und wo die Dokumente aufbewahrt werden. Das Projektcontrolling oder die betreffenden Instanzen werden typischerweise Formulare ausarbeiten und den Projektbeteiligten zum Ausfüllen bereitstellen.
Betreffend der Erfahrungsdatenbank muss abgeklärt werden, welche nützlichen Informationen die betreffenden Dokumente enthalten, um künftige Projekte besser einzuschätzen, und in welcher Form sie in die Datenbank einfliessen.
Als Vorgehensdokumente nennt [Jenny, 1995]:
Projektdokumentation
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Phasenabhängige Vorgehensdokumente |
Phasenunabhängige Vorgehensdokumente |
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Tabelle 5: Vorgehensdokumentation bei Projekten
(in Anlehnung an [Jenny, 1995; S. 142-153])
Die ausgefüllten Formulare werden durch das Projektcontrolling ausgewertet und in geeigneter Form zusammengefasst. Die Ergebnisse fliessen in die Erfahrungsdatenbank und dienen zur Berichterstattung ans Führungssystem.
Das IV-Controlling unterstützt das Informationsmanagement mit Hilfe der Erfahrungsdatenbank bei der Planung. Bei gut strukturiertem Sammeln und Auswerten aller Erfahrungsdaten können anstehende Projekte auf dieser Basis besser bewertet werden. Die Erfahrungswerte werden als Grundlage verwendet, um zu entscheiden, welche Projekte überhaupt realisiert werden sollen.
Doch nicht nur für das strategische Controlling liefert die Erfahrungsdatenbank wertvolle Beiträge, sondern auch auf taktischer und operativer Ebene ergeben sich Vorteile: Die Projektbeteiligten und insbesondere der Projektleiter werden aufgrund der Erfahrungswerte die Projektstruktur, den Ablauf, die Kosten, Termine sowie Kapazitäts- und Ressourcen-Auslastungen exakter planen können.
Mit der Erfahrungsdatenbank können Ergebnisse zur Schätzung des Projektaufwands laufend verbessert werden. "Die Gliederung und Nutzung der Datenbasis orientiert sich an einer Reihe von Bezugsgrössen, für die ein Zusammenhang zwischen ihrer konkreten Ausprägung im Projekt und dem Projektaufwand oder sogar den Projektkosten nachgewiesen ist oder von denen angenommen wird, dass ein derartiger Zusammenhang besteht (sog. Einflussfaktoren). Ohne die Kenntnis von Einflussfaktoren kann es keine sinnvolle Aufwandschätzung geben" [Heinrich, 1997; S. 212].
Einflussfaktoren auf den Projektaufwand können sein:
Es existieren zahlreiche Methoden, wie beispielsweise Analogie-, Gewichtungs- oder Multiplikatormethode, um den Projektaufwand zu schätzen. (vgl. [Heinrich, 1997; S. 213-216])
Zu beachten ist jedoch, dass selbst mit einer umfangreichen Erfahrungsdatenbank und durch Kombination verschiedener Schätzmethoden die Planwerte immer mit einer Ungenauigkeit behaftet sein werden, da zu Beginn des Projektes noch viele unbekannte Grössen vorhanden sind und die Eigenschaft von Projekten ja gerade ihre Einmaligkeit ist. Im Laufe des Projektes nähern sich die (revidierten) Planwerte sukzessive den Ist-Werten an, wobei [Jenny, 1995; S. 336] als Abweichungswert nach der Detailstudie circa 10 Prozent nennt - unter der Voraussetzung einer guten Planung mit Unterstützung einer Erfahrungsdatenbank.
Bezug zum formalen Strommodell
Das grundlegende Strommodell stellt den abzubildenden Umweltausschnitt verbal dar. Es werden keine mathematischen Gleichungen eingeführt, weshalb dieses Basismodell ohne Hinzunahme des formalen Strommodells nur bedingt Schlussfolgerungen zulässt.
Wichtiges Ergebnis für den Modellentwicklungsprozess ist der eingeführte Abstraktionsgrad: Die Produkt- und Leistungsströme sowie die betreffenden Einheiten bilden den Ausgangspunkt für das formale Strommodell. In diesem Sinne trägt das verbale Strommodell zu den Schlussfolgerungen und Ergebnissen des formalen Modells (erster bis dritter Stufe) bei.