Der steigende Kostendruck im Gesundheitswesen hat zu umfangreichen Rationalisierungsmassnahmen geführt. Im Mittelpunkt dieser Massnahmen steht die Entwicklung leistungsfähiger Informations- und Kommunikationssysteme, die eine effiziente Verarbeitung von Daten und Informationen erlauben; Daten und Informationen sollen schneller übertragbar und in grösserem Umfang verfügbar sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die im Gesundheitswesen eingesetzten Systeme integriert werden. Mittels elektronischem Datenaustausch kann eine solche Integration nicht nur zwischen den Institutionen des Gesundheitswesens realisiert werden, sondern auch innerhalb der einzelnen Institutionen und insbesondere in den Krankenhäusern. Typischerweise sind in den Spitälern sehr unterschiedliche EDV-Systeme im Einsatz, wobei vor allem in jüngerer Zeit vermehrt umfassende Informationen gefordert werden. Abhilfe kann hier der elektronische Datenaustausch schaffen. In jedem Fall erfordert eine solche Integration entsprechende Datenaustauschformate.
Das Ziel dieser Arbeit besteht nun darin, die im Gesundheitswesen verarbeiteten Daten zu erfassen und verbreitete Datenaustauschformate zu untersuchen, um darauf aufbauend Aussagen über die Eignung dieser Standards zu machen. Es soll aufgezeigt werden, in welchen Bereichen die Standards vorzugsweise eingesetzt werden können und inwieweit sie den Datenaustausch unterstützen. Insbesondere soll auf die damit verbundenen Potentiale eingegangen werden.
Während die Einsatzmöglichkeiten des elektronischen Datenaustauschs zwischen den Institutionen des Gesundheitswesens und vor allem bei den administrativen Daten verhältnismässig einfach erkennbar sind, kann das Ganze innerhalb des Krankenhauses nur sehr viel schwieriger und differenzierter bestimmt werden und hängt sehr stark von der jeweiligen Ausgangslage in einem Spital ab. Trotzdem sind auch hier allgemeine Anforderungen erkennbar, wie sie mehr oder weniger von Standards unterstützt werden.
Zur Zeit sind es vor allem drei Standards, welche wesentliche Beiträge für den elektronischen Datenaustausch innerhalb des Gesundheitswesens liefern: Der branchenunabhängige, internationale Standard UN/EDIFACT bietet mit einer breiten Palette an Nachrichtentypen auch interessante Möglichkeiten für EDI (Electronic Data Interchange) im Gesundheitswesen. Die beiden ursprünglich amerikanischen Standards "HL7" und "DICOM" haben sich zu internationalen Standards gewandelt und können in ihrem Bereich als führend bezeichnet werden. Mit DICOM können medizinische Bilder und dazugehörende Informationen elektronisch ausgetauscht werden. Der Standard beschränkt sich allerdings auf diesen Bereich, weshalb er zu einer Integration, wie sie eingangs beschrieben wurde, nur einen gewissen Teil beitragen kann. Demgegenüber deckt HL7 vor allem den elektronischen Austausch von Daten in Form von Text ab. HL7 wurde speziell im Hinblick auf den Einsatz in den Krankenhäusern entwickelt und stellt dementsprechend ein sehr umfangreiches Angebot an Nachrichtentypen, massgeschneidert auf diesen Bereich, zur Verfügung. Beispielsweise werden über 50 Ereignisse im Zusammenhang mit der Übermittlung von administrativen Daten eines Patienten bei dessen Einlieferung, Verschiebung und Entlassung unterstützt; es werden diverse Nachrichtentypen für den Austausch von Untersuchungsaufträgen, Befunden, Bestellungen und Finanzdaten zur Verfügung gestellt.
Zwar deckt auch EDIFACT vereinzelt die entsprechenden Anforderungen ab; ein derart umfassendes Angebot wie bei HL7 ist allerdings nicht vorhanden. Die Stärken von EDIFACT im schweizerischen Gesundheitswesen liegen im elektronischen Austausch von administrativen Daten zwischen den Institutionen. Erfahrungen und Know-how sind hier vorhanden und als internationaler, branchenunabhängiger Standard grenzt EDIFACT nicht nur auf das Gesundheitswesen ein. EDI wird in der Schweiz auf der Basis von EDIFACT durch verschiedene Firmen vorangetrieben, und den Benutzern wird der Einstieg und die Anwendung erleichtert. So hat beispielsweise die Firma MediData AG durch ihre Standardisierungsbestrebungen und insbesondere mit dem Meldungstyp INVOIC einen wertvollen Beitrag geleistet; vielerorts im Gesundheitswesen werden Rechnungen von den Leistungserbringern regelmässig und in grossen Mengen den Kostenträgern geschickt. Der Standard gemäss MediData wird heute bereits von einem Grossteil der Versicherer unterstützt, und in naher Zukunft dürfte bei der Übermittlung der Rechnungen vielerorts vom traditionellen Briefverkehr auf EDI umgestellt werden.
Mit dem elektronischen Datenaustausch im Gesundheitswesen ist eine Fülle von Potentialen verbunden, und es können einzelne Bereiche oder die Unternehmung als Ganzes direkt oder indirekt betroffen sein. Beim Austausch von administrativen Daten zwischen den Institutionen spielt vor allem der Nutzeffekt "Reduktion von Transportkosten (Papier, Porto, Personal)" eine wichtige Rolle. Bei der elektronischen Übermittlung von medizinischen Berichten zwischen verschiedenen Leistungserbringern resultiert ein Nutzen infolge schneller und in grösserem Umfang verfügbarer Informationen. Die Untersuchungs- und Behandlungsqualität kann gesteigert werden, was wiederum Einfluss auf die damit verbundenen Folgekosten hat. Der elektronische Austausch von Personalkerndaten und Leistungsdaten in Krankenhäusern dient vor allem der Beseitigung von mühsamen Neuerfassungen.
Bei all diesen Überlegungen muss jedoch immer beachtet werden, dass die Potentiale oftmals erst voll ausgeschöpft werden können, wenn mit der Einführung des elektronischen Datenaustauschs die betroffenen Prozesse neu gestaltet werden.
Aufgrund des komplexen und umfangreichen Sachverhalts kann diese Semesterarbeit nur als ein Überblick über den elektronischen Datenaustausch im Gesundheitswesen und dessen Möglichkeiten und Potentiale verstanden werden. Bei einer Realisierung sind ausführlichere Überlegungen bezüglich Rentabilität zu machen; im betreffenden Bereich sollte eine Kosten-/ Nutzen-Analyse durchgeführt werden. Beispielsweise kann auf einen ausgewählten Geschäftsprozess vertieft eingegangen werden; die Kosten und der Nutzen können unter Beiziehung der Fachseite konkret zu ermitteln versucht werden, um gegebenenfalls darauf aufbauend mit der Einführung des elektronischen Datenaustauschs die vorhandenen Potentiale voll auszuschöpfen. Eine Idee zu vermitteln, welcher Standard dabei behilflich sein könnte, dazu trägt die hier vorliegende Arbeit bei.