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9.1 Ausgewählte Geschäftsprozesse

Im Folgenden werden Geschäftsprozesse der Apotheken und Krankenkassen zu anderen Institutionen im Gesundheitswesen beschrieben. Es wird der zeitliche und logische Ablauf dargestellt, wie er heute im Normalfall bei der Rechnungsstellung und Bezahlung zwischen den verschiedenen Institutionen gehandhabt wird. Zur Ausführung des Subprozesses "Bezahlung" sind verschiedene Varianten möglich. Auf diese Unterscheidung wird in der Beschreibung nicht eingegangen und lediglich darauf verwiesen, dass "Geld" fliesst.

Rechnungen von Ärzten, Spitälern, Apotheken, Labors und anderen Institutionen können entweder via Patient oder direkt an den Krankenversicherer geschickt werden. Wenn die Rechnungen direkt an den Versicherer geschickt werden, sind die Möglichkeiten für den elektronischen Datenaustausch und erhebliche Potentiale vorhanden (siehe weiter unten). Beachtet werden muss jedoch in diesem Fall, dass die wichtigste Kontrollstelle - der Patient selbst - die entsprechenden Rechnungen nicht mehr überprüfen kann.

 

Interpretation der dargestellten Abläufe

Es sind jeweils zwei Institutionen/Personen mit einem Pfeil verbunden. Der Pfeil beschreibt die Richtung des Daten- und Materialflusses sowie die zeitliche Reihenfolge zwischen den verschiedenen Parteien. Angaben neben dem Pfeil kommentieren, um welche Daten- und Materialflüsse es sich handelt.

Verzweigungen werden wie üblich durch das Symbol und einer Bedingung gekennzeichnet. In diesem (Ausnahme-)Fall besteht kein Daten- und Materialfluss zwischen den beiden Parteien.

 

Beispiel:

 Person A gibt den Gegenstand x an die Person B. Anschliessend übergibt Person B den Gegenstand y an Institution C, welche diesen Gegenstand an Person D weitergibt, sofern die Bedingung erfüllt ist.

 

9.1.1 Apotheke - Geschäftsprozesse beim Bezug von Arzneimitteln

 

9.1.2 Krankenkasse - Geschäftsprozesse

 

 

 

9.2 Patientenkarte

9.2.1 Einleitung

Der Patient steht im Mittelpunkt des Gesundheitswesens. Er macht Angaben zu seinem Gesundheitszustand, gibt allgemeine Informationen zu seiner Person an und vermittelt Daten zwischen den verschiedenen Institutionen/Personen.

Eine Möglichkeit für den Datenaustausch besteht darin, dass Angaben zu den Patienten an (mehreren) Stellen im Gesundheitswesen gesammelt und im Bedarfsfall an die zuständige Stelle weitergeleitet werden.

Eine Alternative zu dieser Variante besteht darin, dass der Patient über alle seine bisherigen Gesundheitsdaten selbst verfügt. Mittels einer Magnetstreifenkarte/Chipkarte (Patientenkarte) kann er die benötigten Daten bei den jeweiligen Institutionen/Personen jederzeit zur Verfügung stellen.

 

Bei der Analyse der Austauschbeziehungen im Gesundheitswesens wird die Möglichkeit einer Patientenkarte kurz erwähnt. Als grosses Problem wird dabei die nicht vorhandene Infrastruktur seitens des Patienten genannt. Daneben gibt es jedoch weitere beachtenswerte Aspekte, auf die anhand eines Beispiels aus Japan näher eingegangen wird.

 

9.2.2 Beispiel "Sukoyaka-Card"

([Saka95])

Ausgangslage

Die Stadt "Isehara" befindet sich ungefähr 60 Kilometer westlich von Tokyo und hat heute bereits das realisiert, was vielerorts noch Zukunftsvision ist: Eine Karte im Kreditkartenformat mit Daten zum Gesundheitszustand von Patienten.

Vor ungefähr 15 Jahren war in Isehara die folgende Ausgangssituation: Spezialisten aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesen sammelten und archivierten Daten über den Gesundheitszustand ihrer Patienten. Datenaustausch war mit Aufwand verbunden, woraus Bedenken über Effizienz und optimaler Betreuung entstanden. 1986 wurde eine Studie über den Datenaustausch mit Patientenkarten durchgeführt, 1987 wurden erste Erfahrungen mit einem Prototypen gesammelt, und 1991 wurde das System - vor allem für ältere Leute (über 65 Jahre) - eingeführt. Heute benutzen rund 3000 Personen die Sukoyaka-Card.

 

Betrieb

Die optische Speicherkarte weist eine Kapazität von 4 MB auf und folgende Daten werden gespeichert: Allgemeine Daten, Daten zu Unfällen, Daten zu diverse Routineuntersuchungen (inkl. Bildern!), Bestätigungen (Zertifizierungen) und Angaben über verschiedene Service (speziell für ältere Leute).

Lese-/Schreibgeräte befinden sich an verschiedenen Stellen (Spitälern, Altersheimen, Apotheken,...) in der Stadt und sind nicht miteinander verbunden. Kartenbesitzer können sich an diesen Orten die Daten ansehen. Bei Behandlungen macht der Leistungserbringer die nötigen Einträge auf der Karte.

 

Ergebnisse

Das Sukoyakacard-System ist sowohl von der Bevölkerung, der lokalen Regierung, den Spitälern, Kliniken und Apotheken positiv aufgenommen worden. Die Sicherheitsmassnahmen im Zusammenhang mit der Patientenkarte werden als ausreichend eingestuft (Passwörter, verschiedene Sicherheitsstufen). Das System kann problemlos ausgebaut werden, und Erfahrungen zeigen, dass bei Kartenbesitzern ein verstärktes Gesundheitsbewusstsein hervorgerufen wurde.

 

9.2.3 Ergänzungen / Schlussfolgerungen

Das Problem der "fehlenden Infrastruktur" seitens der Patienten wird im gezeigten Beispiel zu lösen versucht, indem Abfragemöglichkeiten an öffentlich zugänglichen Terminals angeboten werden. Dadurch wird das Problem sicherlich entschärft, ist für den Patienten aber mit zusätzlichem Aufwand gegenüber der traditionellen, schriftlichen Methode verbunden.

Beim Datenaustausch im Gesundheitswesen sind Sicherheitsaspekten grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Das gilt speziell bei der Patientenkarte: Es muss klar definiert und eingehalten werden, welche Personen Lese- und Schreibberechtigungen auf einer Patientenkarte haben. Weiter ist wichtig, dass die Daten nicht ausschliesslich auf der Karte gespeichert sind, so dass im Falle einer Kartenbeschädigung oder eines Verlustes die betreffenden Daten trotzdem für den Karteninhaber noch vorhanden sind. Vor der Einführung eines Systems gilt es solche und ähnliche Aspekte kritisch zu analysieren und Lösungen zu finden, denn hier besteht seitens der Bevölkerung grosses Misstrauen.

Für den grossen Durchbruch dieses Systems wird auch bei der Patientenkarte ein geeigneter Standard benötigt. Im Beispiel aus Japan beschränkt sich die Verbreitung der Card auf eine Region und rund 3000 Personen. Wenn eine Patientenkarte jedoch sinnvoll eingesetzt werden soll, dann muss zumindest ein Standard (® Zugriffsberechtigung, Format) auf nationaler, wenn nicht sogar internationaler Ebene existieren.

Ein wichtiger Punkt ist die Benutzerfreundlichkeit: Beim breiten Einsatz einer Patientenkarte kommen eine Vielzahl von Personen mit dem System in Berührung. Hohe Benutzerfreundlichkeit von Hard- und Software sind in diesem Fall unabdingbar. Wird für das Speichern auf der Karte 10 Minuten gebraucht, wie das im Beispiel "Sukoyaka" der Fall ist, so ist das Projekt (auf breiter Basis) zum Scheitern verurteilt.

Die diskutierten Möglichkeiten mögen futuristisch klingen, aber die technischen Möglichkeiten sind bereits heute vorhanden. Was zur Zeit noch fehlt, sind Erfahrungen, ein entsprechender Standard und die Akzeptanz der Bevölkerung und Leistungserbringer. Bei Austauschbeziehungen, welche den Patienten indirekt betreffen (Beispiel: Arzt « Labor), sowie bei zeitlichen Lücken zwischen Analyse und Ergebnis ist der Einsatz von solchen Patientenkarten fraglich; ansonsten stellt die Card eine echte Alternative zu anderen Datenaustauschmöglichkeiten dar.

In der Schweiz werden auf diesem Gebiet ebenfalls Erfahrungen gesammelt: Im Projekt- und Pilotstadium befindet sich eine Magnetstreifenkarte der "ofac" als Kundenkarte bei Apotheken. Sehr viel weiter in Richtung einer umfassenden Gesundheits- und Notfallkarte geht das System SanaCard. Das System mit einer "intelligenten" Microprocessorchipkarte wird seit 1987 lanciert und strebt neben dem Ziel der Kostensenkung im Verwaltungsbereich eine Optimierung des Notfallmanagements und eine effektive medizinisch klinische Patientenversorgung an. Die Kosteneinsparungen durch elektronischen Datenaustausch mit SanaCard wurde 1991 alleine schon für die hauptsächlichen Leistungserbringer in der Schweiz auf 492 Mio. CHF geschätzt ([Zieg97]).

In der Literatur lassen sich unterschiedliche Definitionen zum Thema "Electronic Data Interchange (EDI)" finden. Einige Autoren setzen dabei voraus, dass die Übermittlung der Daten von Computer zu Computer ohne manuelle Intervention und über ein Telekommunikationsnetz erfolgt (Beispiel: [BeMe91]). In diesem Sinne kann die aufgeführte Fallstudie "Sukoyaka" nicht als Beispiel für EDI verstanden werden.

 


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